Lernwörter für die Ansage lernen

In den letzten Wochen wurde ich immer wieder von Müttern gefragt, wie sie mit ihren Kindern die Lernwörter für die wöchentliche Ansage in der Schule lernen könnten. Nicht nur die Eltern von Kindern mit Legasthenie sind in diesem Fall oft ein wenig ratlos und haben keine Idee, wie man die Schreibweise der Lernwörter ins Langzeitgedächtnis der Kinder bringen könnte. Das wiederholte Ansagen der Wörter ist hier häufig die einzig bekannte Strategie.

Lernwörter nur diktieren, reicht nicht!

Gerade bei rechtschreibschwachen Kindern reicht es nicht aus, die Lernwörter zwei- oder dreimal zu diktieren ohne andere Strategien des Einprägens anzuwenden. Denn gerade die schwierigen Wörter wird Ihr Kind vielleicht einmal richtig, aber viel öfter falsch schreiben. Dadurch hat Ihr Kind nicht die Möglichkeit sich das korrekte Wortbild einzuprägen und wird das Wort vermutlich auch bei der Ansage in der Schule wieder falsch schreiben. Regelmäßig höre ich den Satz – Wir haben so viel geübt, und trotzdem hat er bei der Ansage wieder alles falsch! Nicht auf das viele Üben, sondern auf das richtige und regelmäßige Üben kommt es an. Nur so schaffen es die richtigen Wortbilder vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis und können dann bei der Ansage, oder später auch in eigenen Texten korrekt abgerufen und verwendet werden.

Lernwörter mit dem Karteikasten lernen

Die Lernwörter sollen also automatisiert, sprich dauerhaft im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden. Voraussetzung für die dauerhafte Abspeicherung ist die regelmäßige Wiederholung der Lernwörter. Das Lernen mit dem Karteikasten ist eine altbewährte Methode, die genau dieses Lernprinzip umsetzt.

Lernen mit dem Karteikasten

Die Gestaltung der Karteikärtchen

Die Kärtchen sollten gut leserlich und wenn möglich vom Kind selbst beschriftet werden, denn bereits beim Gestalten der Karteikärtchen kann es sich die Wortbilder einprägen.

Karteikarte Rückseite Rechtschreibung

Schwierige Stellen im Wort sollten mit Farbe markiert werden. Hier besteht die Möglichkeit sich einen Farbcode für bestimmte Rechtschreibphänomene zurechtzulegen, z. B. Doppelkonsonanten immer gelb, ie immer rot etc. Sollte bereits in der Schule ein solcher Farbcode eingeführt worden sein, übernehmen Sie diesen bitte.

Bevor die Kärtchen in den Karteikasten gesteckt werden

Wie bereits oben angeführt, reicht es nun nicht aus, die Kärtchen einfach in den Karteikasten zu stecken und Ihrem Kind jeden Tag anzusagen. Vor diesem Schritt sollte sich Ihr Kind ein wenig mit den Wörtern auseinandersetzen. Dazu werden die neugestalteten Kärtchen offen auf den Tisch verteilt. Je nach Auswahl der Wörter können nun unterschiedliche Übungen gemacht werden. Hier einige Beispiele:

  • Wörter nach Wortarten sortieren
  • Wörter nach Rechtschreibphänomenen sortieren
  • Nach Silbenanzahl sortieren
  • Wörter kategorisieren (Lebewesen, Gegenstände, Pflanzen, Sommer etc.)
  • Worttreppen bauen
  • Verwandte Wörter finden
  • Reimwörter finden
  • u. v. m

Da man das richtige Schreiben nur durch Schreiben erlernt, sind diese Übungen natürlich alle schriftlich.  Übungskärtchen mit Beispielen und Arbeitsblätter dazu finden Sie ganz unten auf dieser Seite.

Sinn dieser Übungen ist, Ihrem Kind die Möglichkeit zu geben, sich das Wortbild einzuprägen und das Augenmerk auf die verschiedenen Rechtschreibphänomene im Wort zu richten.

Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung

Die ersten Lernwörter wurden jetzt bereits intensiv erarbeitet und kommen nun in das erste Fach des Karteikastens. Somit ist das Lernpensum für den ersten Tag erfüllt. Sofort am nächsten Tag werden die Kärtchen aus dem Fach genommen und dem Kind diktiert. Wichtig! Die Kärtchen dürfen nun nicht mehr vorher dem Kind gezeigt werden! Wurde das Wort richtig geschrieben, kommt das Kärtchen in das nächste Fach, wurde es falsch geschrieben, landet es wieder im ersten Fach.

Am nächsten Tag werden wieder alle Wörter aus dem Karteikasten diktiert. Die Grundregel lautet, richtig geschrieben Wörter kommen in das nächste Fach, falsche immer in das erste. Pro Tag ist nur ein Durchgang erlaubt.

Ihr Kind sollte immer die Möglichkeit haben ein Wort zu schreiben und Korrektur zu lesen, erst wenn es damit fertig ist, dürfen Sie auf Fehler hinweisen. Bitte nach jedem einzelnen Wort sofort die Fehler neutral korrigieren. Dabei macht es Sinn, nicht sofort die richtige Schreibweise vorzugeben, sondern mit Hinweisen Ihrem Kind auf die Sprünge zu helfen. Beispielsweise hat Ihr Kind das Wort Fahrrad klein und nur mit nur einem r geschrieben (fahrad). Fragen Sie nach, warum ein r hier nicht ausreichend ist. Fahrrad schreibt man mit zwei r, da es sich hier um ein zusammengesetztes Namenwort handelt, das sich aus den Wörtern fahr und Rad zusammensetzt. Fragen Sie auch nach, um welche Wortart es sich bei Fahrrad handelt und woran man die Wortart erkennt. Fahrrad ist ein Namenwort. Namenwörtern kann ein Begleiter vorangestellt werden, also das Fahrrad. Und nun das wichtigste: Namenwörter werden großgeschrieben. Die meisten Kinder wissen sofort bei der Frage nach der Wortart, dass sie einen Groß- oder Kleinschreibfehler gemacht haben und korrigieren diesen Fehler sofort. Lassen Sie aber keinesfalls locker, sondern bestehen auf die Nennung der richtigen Wortart und der Begründung dafür.

Zeitabstände zwischen den Wiederholungen

Kärtchen in den ersten beiden Fächern sollten häufiger wiederholt werden als Kärtchen aus den hinteren Fächern. Damit man nicht den Überblick verliert,  empfehle ich folgende Wiederholungen:

1. und 2. Fach: täglich, z. B. montags bis freitags

3. Fach: alle 2 bis 3 Tage, z. B immer montags, mittwochs und freitags

4. Fach: alle 7 Tage, z. B. jeden Dienstag

5. Fach: alle 14 Tage, z. B. jeden 2. Donnerstag

Denken Sie daran, dass Sie nur dann Erfolg mit dem Karteikasten haben, wenn Ihr Kind regelmäßig damit arbeitet!

Karten im letzten Fach

Nach einiger Zeit sammeln sich im hintersten Fach Kärtchen an. Diese werden nur mehr in sehr großen Abständen angesagt (1 Monat oder mehr). Bei jedem richtigen Durchgang erhalten die Kärtchen eine Markierung (Häkchen oder Smiley). Falsche Wörter kommen wieder in das erste Fach und verlieren alle Markierungen. Befinden sich drei Markierungen auf dem Kärtchen, darf das Kärtchen aus dem Karteikasten genommen, mit einem lauten Hurra in kleine Papierschnipsel zerrissen und in den Papierkorb geschmissen werden.

Die Grenzen des Karteikastens

Die Rechtschreibung deutscher Wörter ist sehr komplex, deshalb kann es für Eltern, die sich bis dato noch nicht mit der deutschen Rechtschreibung und der Rechtschreibdidaktik auseinandersetzen mussten, schnell unübersichtlich werden. Ich selbst wusste vor meiner Ausbildung zur Legasthenietherapeutin nicht, warum man manche Wörter mit stummen h schreibt, aber andere nicht, oder warum man Sonne mit einem Doppelkonsonanten schreibt. Meine Begründung bis dahin war, weil zalen, Spuhle und Sone einfach falsch aussehen. Ein denkbar ungünstiges Argument für rechtschreibschwache Kinder. Legasthene Kinder benötigen genaue Erklärungen für Rechtschreibregeln und auf sie abgestimmte Rechtschreibstrategien.  Bei schwer betroffenen Kindern ist das unsystematische Üben von Lernwörtern mit dem Karteikasten folglich nicht ausreichend und ich empfehle dringend, so schnell wie möglich eine LRS-Therapie zu starten.

Damit das Füllen des Karteikastens nicht zum Problem wird

Um ein großes Gejammer zu vermeiden, weil schon wieder neue Lernwörter in den Karteikasten gesteckt werden sollen, empfiehlt es sich aus dem langweiligen Karteikasten ein liebenswertes, gefräßiges Lebewesen zu machen.  Mit großen Kulleraugen und einem Mund wird aus einem unpersönlichen Gegenstand der stets gefräßige Karteikasten Karlos. Wenn man genau hinhört, hört man sogar seinen Magen knurren: „Karrrkarrr!“ Deshalb werden auch die R in seinem Namen laut und deutlich gerrrollt – Karrrlos Karrrteikasten. Karlos wird furchtbar traurig und hungrig, wenn er nicht regelmäßig mit Karteikarten gefüttert wird.

Karlos - der gefräßige Karteikasten

Übungsmaterial

Lernwörter-Detektive
Übungsaufgaben
2 Arbeitsblätter mit 16 Übungen

Lernwörter-Detektive
Wortarten
1 Arbeitsblatt

Lernwörter-Detektive
Schwierige Stellen
1 Arbeitsblatt

Lernwörter-Detektive
Wortbausteine
1 Arbeitsblatt

Lernwörter-Detektive
Kategorien
1 Arbeitsblatt

Lernwörter-Detektive
Gitterrätsel
1 Arbeitsblatt

Lernwörter-Detektive
Ansage
1 Arbeitsblatt

Die Arbeitsblätter wurden mit dem Worksheet Crafter gestaltet.

Weiterführende Literatur

Labas, M., & Bederski, H. (2014). Das Üben mit der Wortkartei. In G. W. Lauth, M. Grünke, & J. C. Brunstein, Interventionen bei Lernstörungen (S. 395 - 406). Göttingen: Hogrefe.

Autorin: Ute Temel, MA - Akademische Therapeutin für Lernstörungen

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